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5. März 2010
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Ballast abwerfen durch effizientes Personalmanagement

Rubrik: Outsourcing und BPO

Von: Thorsten Wedell (buw consulting GmbH)

Der Mittelstand wird 2010 weiterhin mit den Folgen der weltweiten Finanzkrise zu kämpfen haben. Auch wenn die Wirtschaftsweisen wieder ein Wachstum der Wirtschaftsleistung erwarten, prognostiziert das Gremium einen verstärkten Personalabbau und einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Über die Krise hinaus muss daher jetzt die Grundlage geschaffen werden, um zukünftig schnell auf sich verändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren zu können.

Die Personalabteilungen werden ihre Personalstrategien an diese schwankenden Rahmenbedingungen anpassen müssen. Einerseits den beginnenden Aufschwung mit einer klugen Personalpolitik zu unterstützen, andererseits durch ein effizientes Kostenmanagement einen Beitrag zur Krisenbewältigung zu leisten. Dies wird nur funktionieren, wenn sich die Beschäftigten im Personalbereich auf die Kernaufgaben in der Krise konzentrieren können: Arbeitszeit- und Vergütungsmodelle, Personalentwicklung und –betreuung. Dabei handelt es sich vor allem um wertschöpfende Aufgaben, die unmittelbar aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden können und entscheidend für den weiteren Erfolg des Unternehmens sind.

Das Angebot und die Nutzung der Kurzarbeit hat 2009 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert. Nun gilt es, durch eigene Angebote den Personalbestand bis zum Wiedererstarken des Auftragseingangs zu sichern. Dies kann über eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten mit einer darauf abgestimmten Vergütungsstrategie erreicht werden. Die Entwicklung solcher auf den einzelnen Betrieb zugeschnittenen Modelle und die damit verbundene Abstimmung mit den Sozialpartnern bedeutet eine erhebliche Anstrengung aller Beteiligten, kann aber wesentlich sein für den Erfolg des Unternehmens in Zeiten der Krise und Umsatzrückgänge.

Die Personalentwicklung und –betreuung soll vor allem den hohen Qualifizierungsstand der Mitarbeiter sichern und die Abwanderung des eingearbeiteten Personals verhindern. Mindestens genauso wichtig ist allerdings die Aufrechterhaltung der Mitarbeitermotivation und der Unternehmenskultur, um auf diesem Wege einer schleichenden Abnahme der Qualität und Produktivität entgegen zu treten. Gerade in schwierigen Zeiten können so genannte „KulturChecks“ wichtige Hinweise auf das Mitarbeiterengagement geben, und, noch wichtiger, können konkrete Maßnahmen aus den Erkenntnissen abgeleitet werden. Auch dieses bedeutet einen erheblichen Aufwand für die Personalabteilung, der neben dem Tagesgeschäft bewältigt werden muss.

Neben diesen Kernaufgaben gibt es eine Vielzahl weiterer Tätigkeiten, die zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes notwendig sind. Wenn allerdings Mitarbeiter in der Personalabteilung verstärkt mit dem Management der Krise beschäftigt sind und das Tagesgeschäft parallel bewältigt werden muss – wo lassen sich dann Einsparungen erzielen, ohne die Qualität in der Personalarbeit einzuschränken?

Eine Möglichkeit, auch weit über die Krise hinaus, Kosten einzusparen und die Qualität nachhaltig zu sichern oder gar zu steigern, ist die Optimierung bis hin zur Übertragung bestimmter Dienstleistungen oder Prozesse an externe Partner. Dafür eignen sich insbesondere standardisierte Prozesse und in der Auslastung stark volatile Tätigkeitsbereiche, die eine verlässliche Kapazitätsplanung erschweren. Ein Aufgabenfeld, das in der jeweiligen Mitarbeiterauslastung stark schwankend ist, ist die Personalbeschaffung. Während die Auslagerung der Gehaltsbuchhaltung oder von Teilen des Rechnungswesens stetig zunimmt, ist die Auslagerung von Prozessen in der Personalbeschaffung noch nicht im betrieblichen Alltag angekommen, obwohl es sogar beide Kriterien erfüllt: es handelt sich zu großen Teilen um Standardprozesse und die Auslastung der jeweiligen Mitarbeiter im Recruiting hängt stark vom Wirtschaftsgeschehen und der aktuellen Wachstumsstrategie des Unternehmens ab. Die Befürchtung vieler Unternehmen, dass auf diesem Wege zu viele Kernkompetenzen an Externe abgegeben werden, trifft bei genauerer Betrachtung nicht zu. Im Gegenteil zeigt die Praxis, dass durch Optimierung gemeinsam mit externen Partnern erhebliche Qualitätsverbesserungen erzielt werden können. Die Auslagerung von verschiedenen Prozessen im Recruiting, das so genannte „Recruitment Process Outsourcing (RPO)“, bezieht sich hauptsächlich auf Standardprozesse. Standardprozesse beschreiben hierbei Handlungsschritte, die sich in jedem Tätigkeitsverlauf wiederholen. Im Recruitingprozess können, vereinfacht dargestellt, die folgenden Standardprozesse definiert werden: Stellengenehmigung und –ausschreibung, Bewerbungseingang, Vorauswahl, Auswahlprozess, Entscheidung. Jedem dieser Prozessschritte kann eine Vielzahl zusätzlicher Subprozesse zugeordnet werden, die dem jeweiligen Gesamtprozess im Unternehmen entsprechen. Eine der wichtigsten Fragen, die zu klären sind, bezieht sich jedoch auf folgende Unterscheidung: welcher Prozessschritt ist eine Kernkompetenz und welcher nicht?

Das reine Handling von Ausschreibungen, Bewerbungsunterlagen und der Bewerberkommunikation ist ein rein administrativer Prozess. Dagegen tragen Kernkompetenzen direkt zur Wertschöpfung des Unternehmens bei – auf den Recruitingprozess abgebildet, bezieht sich Kernkompetenz daher auf die konkrete Auswahl der Mitarbeiter, um die Unternehmensstrategie bestmöglich zu unterstützen, nicht aber auf das bloße Verarbeiten der notwendigen Unterlagen und Kommunikationsschritte. Jedoch schließt das eine das andere nicht aus. So kann es durchaus sinnvoll sein, den externen Partner auch mit weiterführenden Aufgaben zu betrauen, beispielsweise mit der Konzeption und Durchführung von Auswahlinstrumenten, um sich so zusätzliches professionelles Know How ins Haus zu holen.

Wie funktioniert das in der Praxis? Ein mittelständisches Produktionsunternehmen musste auf Grund von Auftragsrückgängen sein Produktionsvolumen drosseln. Gleichzeitig hat sich die Stimmung in der Belegschaft verschlechtert, da die Mitarbeiter um Ihre Arbeitsplätze fürchten. Die ersten Führungskräfte haben das Unternehmen verlassen und die Geschäftsleitung befürchtet, das weitere folgen könnten. Die Geschäftsführung hat sich daher entschlossen, durch eine Mitarbeiterbefragung die aktuelle Stimmungslage zu analysieren, um daraus Maßnahmen abzuleiten, die Mitarbeitermotivation zu verbessern. Ergänzend findet ein intensives Führungskräftecoaching durch die Personalabteilung statt. Parallel dazu müssen neue Führungskräfte eingestellt werden, um die Abgänge auszugleichen. Damit sich die Personalabteilung auf die gestellten Aufgaben konzentrieren kann und um eine Entlastung an anderer Stelle herbeizuführen, hat sich die Unternehmensleitung entschlossen, einen externen Partner mit der Übernahme des Bewerbungsmanagements zu beauftragen. Der externe Partner handelt im Namen des Unternehmens und übernimmt in diesem Fall die komplette Bearbeitung der eingehenden Unterlagen (erfassen, scannen, etc.), die Bewerberkommunikation (Eingangsbestätigung, Einladungen, Absagen etc.), die Vorauswahl der eingehenden Bewerbungen sowie die Terminkoordination der Vorstellungsgespräche oder Assessment Center. Das interne Personalmanagement braucht sich in den Prozess erst wieder einschalten, wenn konkrete Kandidaten für Auswahlveranstaltungen ausgewählt werden müssen. In der Zwischenzeit kann sich die Personalabteilung auf die Mitarbeiterbefragung, Motivationsmaßnahmen und das Führungskräftecoaching konzentrieren.

Auch über die Bewältigung krisenspezifischer Aufgaben hinaus kann das Recruitment Process Outsourcing einen signifikanten Beitrag zur langfristigen Senkung der Recruiting-Kosten leisten. Das generelle Auslagern von Prozessen der Mitarbeitergewinnung, unabhängig von spezifischen Projekten, hat den großen Vorteil, dass der Personalbestand im Personalbereich losgelöst von den jeweiligen Einstellschwankungen geplant werden kann. Weder muss in Krisenzeiten Recruiting-Personal anderweitig untergebracht oder entlassen werden, noch ist ein Personalaufbau in Wachstumsphasen oder die Vernachlässigung anderer Aufgaben notwendig. Die Erhöhung oder auch die Absenkung der Einstellzahlen haben so keine Auswirkungen mehr auf den Personalbestand oder die Auslastung, sondern sind allein Aufgabe des Dienstleisters.

Damit die Auslagerung von Prozessen wie in unserem Beispiel funktionieren kann, muss im Vorfeld genau geklärt und festgelegt werden, für welche Prozessschritte der Partner verantwortlich ist und in welchem Zeitfenster er die einzelnen Prozessschritte zu erledigen hat. Neben der Qualitätssicherung hat dies einen weiteren, essentiellen Effekt. Durch die Definition der einzelnen Prozessschritte und den damit verbundenen Abrechnungsmodellen können die Kosten im Recruitingprozess genau zugeordnet und kalkuliert werden. Dies führt nicht nur zu einer Erhöhung der Transparenz der Kosten im Personalbereich insgesamt, sondern garantiert auch eine Prozesskette, die jederzeit in der Durchführungstreue kontrolliert werden kann.

Recruitment Process Outsourcing erhöht die Effizienz im Personalmanagement, indem Tätigkeiten ausgelagert werden, die nicht zur Wertschöpfung innerhalb des Unternehmens beitragen und so einen Ballast bilden können, der schnelles und flexiblen Handeln in den Kernaufgaben erschwert. Indem man überflüssigen Ballast abwirft, gewinnt man an Höhe, Schnelligkeit und Wendigkeit. Nur wer flexibel auf den Kostendruck reagiert und gleichzeitig seine Wettbewerbsfähigkeit steigert, wird aus der Krise gestärkt hervorgehen und kann den Schwung nutzen, den der Aufschwung mit sich bringen wird.
thorsten.wedell(at)buw.de

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