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26. Juli 2013

HR-Verantwortliche müssen Arbeit neu definieren

Die nachrückenden Generationen drängen mit eigenen Vorstellungen von Autorität, Work-Life-Integration und Partizipation auf den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig wandeln sich mit der digitalen Vernetzung die Formen der Zusammenarbeit. HR-Verantwortliche werden Arbeit daher neu denken und neu gestalten müssen. So lautet das Fazit der HR Executive-Konferenz, die Towers Watson am 4. Juli 2013 in der Frankfurter Villa Kennedy zum elften Mal ausrichtete. HR-Experten führender Unternehmen, wie BASF, Gazprom, Evonik, Siemens, K+S, OMV, Osram oder der Deutschen Bank diskutierten mit mehr als 250 Teilnehmern und tauschten in Workshoprunden Best Practices aus.

"Bereits heute stellen die Generationen Y und Z ein Fünftel der Arbeitnehmer in Deutschland", erklärt Olaf Lang, Leiter des Beratungsbereichs "Talent & Rewards" bei Towers Watson Deutschland. "Während ‚Baby Boomer' oder die Generation X noch akzeptieren, dass Aufgaben einfach angewiesen werden, erwarten die nach 1980 Geborenen, in die Entscheidungsfindung eingebunden zu werden. Flexibilität ist dieser Generation wichtiger als Loyalität. Bei der Arbeitgeberwahl achtet sie stärker auf Karriereentwicklungsmöglichkeiten", berichtet der HR-Experte. Lang führt weiter aus: "Diese neuen Wertvorstellungen werden das Arbeitsleben immer stärker prägen, weil die junge Generation in den kommenden Jahren einen größeren Teil der Belegschaften stellen wird. Gleichzeitig werden die bestehenden Wertvorstellungen weiterleben. Unternehmen müssen daher mit sehr heterogenen Belegschaften arbeitsfähig sein. Personalverantwortliche sollten die unterschiedlichen Erwartungen kennen und ‚unter einen Hut' bringen können."

Gleichzeitig wandeln sich durch die digitale Vernetzung Arbeitsprozesse und Arbeitsbedingungen sowie die Formen der Zusammenarbeit. "Mitarbeiter müssen aus der Masse der verfügbaren Daten die für sie relevanten herausfiltern. Viele können sich jederzeit über unterschiedlichste Kommunikationswege von Home Office, Flughafen oder Ferienwohnung in weltweite virtuelle Arbeitsplattformen einklinken. Anders als bei traditionellen festen Bürozeiten muss dann die Balance zwischen Beruf und Privatleben neu ausgesteuert werden. "Auch hier sind HR-Manager gefragt - indem sie eine passende Gestaltung der Arbeitsprozesse ermöglichen. Darüber hinaus sollten sie dafür sorgen, dass Mitarbeiter mit dem technologischen Wandel Schritt halten und die dafür notwendigen Kompetenzen erwerben können", skizziert Lang die neuen Aufgaben. Er meint: "HR-Verantwortliche müssen die Arbeit neu denken - das wird der Grundstein für den künftigen Unternehmenserfolg."

Mit populären Irrtümern aufräumen

Keynote-Sprecherin Prof. Marion Schick, Personalvorstand und Arbeitsdirektorin, Deutsche Telekom AG, betont: "Demografie ist keine Bedrohung, sondern eine Chance. Das muss die HR-Profession verstehen und mit populären Irrtümern und Klischees aufräumen. Die Angst vor dem demografischen Wandel wird dann gerne mit dem Schreckgespenst ‚Fachkräftemangel' beschworen. Es ist richtig, dass aufgrund des demografischen Wandels künftig weniger Nachwuchskräfte zur Verfügung stehen - aber es ist der falsche Ansatz zu überlegen, wie wir jede einzelne fehlende Fachkraft ersetzen können. Wir brauchen Lösungen, wie die vorhandene Mitarbeiterschaft produktiver eingesetzt werden kann. Das Total Workforce Management ist hierbei ein wichtiges Instrument, um die richtigen Mitarbeiter auf den richtigen Arbeitsplätzen einzusetzen. Darüber hinaus sollten wir auf die Potenziale schauen, die bislang brachliegen, beispielsweise durch stärkere Beteiligung von Frauen, von Zuwanderern oder von Menschen über 55." Schick plädiert für eine demografiegerechte Personalentwicklung, die jedem Mitarbeiter die Chance bietet, Wissen in der jeweiligen Berufs- und Lebensphase auszubauen und sich weiterzuentwickeln - "auch über 55. Wir brauchen quasi einen neuen Generationenvertrag in den Unternehmen."

In ihrer Keynote wies Schick darauf hin, dass sich die Art und Weise, wie Arbeit in den Unternehmen organisiert wird, fundamental ändert. "Schon heute nimmt in vielen Unternehmen der Anteil klassischer Linien- und Regelaufgaben ab - zugunsten von temporären Projektaufgaben. Mitarbeiter bewerben sich daher nicht mehr ausschließlich um dauerhafte, fest definierte Arbeitsplätze, sondern immer öfter auch um die befristete Mitarbeit in einzelnen Projekten." Dies hat weitreichende Folgen, so Schick: "Für ihre eigene Personalentwicklung werden Mitarbeiter künftig mehr Eigenverantwortung übernehmen. Führungskräfte werden dabei zum Coach auf Zeit." Schick erwartet zudem, dass sich auch die Rolle der Sozialpartner ändern werde: "Künftig gibt es sehr individuelle Arbeitssituationen, daher wird sich auch die Sozialpartnerarbeit stärker individualisieren und neue Wege beschreiten."

Schicks Fazit: "HR muss und wird sich weiter verändern - aber wer sich als Personaler auf diese Veränderung einlässt, auf den wartet die vielleicht spannendste und wichtigste Dekade für unsere Profession überhaupt."

Arbeitgeber als Marke, Ersatzfamilie oder Club

Zum Abschluss der Konferenz skizzierte Lars Thomsen, Chief Futurist der future matters AG, Zürich, acht Megatrends für die "Neuerfindung" unserer Arbeitswelt. "Wir sind am Ende der letzten Phase des Industriezeitalters angekommen - nun gilt es, auf politischer und gesellschaftlicher Ebene sowie auf der Ebene der neuen Ökonomie das Thema Arbeit von Grund auf neu zu definieren", ist Thomsen überzeugt. "Während der Kampf um Talente aufgrund des demografischen Wandels auf globalem Niveau entbrennt, werden Werte, Unternehmenskulturen und das soziale Prestige einer Unternehmung für das Finden von Mitarbeitern die ausschlaggebenden Kriterien sein", prognostiziert der Zukunftsforscher. "Arbeitgeber und Firmen werden dann zu Marken, Ersatzfamilien oder Clubs, denen Mitarbeiter beitreten. Eine starre ‚4x-Stundenwoche' wird ein Relikt aus alten Zeiten sein, wenn Arbeit, soziales Netzwerk, Freizeit, Aufgaben, Projekte und Freundeskreis verschmelzen."

Laut Thomsen dürfte aber auch das Ende der Informationsüberlastung in Sicht sein: "Während heute viele Menschen aufgrund der ständig steigenden Komplexität, Geschwindigkeit und Menge an Information und Kommunikation kurz vor dem Burn-out stehen, ist dies durch mitlernende und mitdenkende Systeme Ende des Jahrzehnts vorbei. ‚Ambient Intelligence' ist dann so alltäglich wie Telefonie."

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