24. September 2008
Der Fachkräftemangel verschärft sich – qualifizierte Mitarbeiter werden für Unternehmen zunehmend zum kritischen Engpassfaktor. Viele Unternehmen werben erstklassig um die verfügbaren Leistungsträger am Arbeitsmarkt. Jedoch vergessen sie häufig, sich auch bei den bestehenden Mitarbeitern als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Mehr als die Hälfte der im Rahmen einer Hewitt/Kienbaum-Studie befragten Unternehmen führen mindestens alle zwei Jahre oder sogar jährlich eine Mitarbeiterbefragung durch, um das Betriebsklima zu messen, Missstände zu beheben und die Mitarbeiter dadurch langfristig zu motivieren und zu binden. Jedoch haben viele Unternehmen mit den Ergebnissen, insbesondere mit der Ableitung, Umsetzung und Erfolgskontrolle der Maßnahmen, noch große Schwierigkeiten.
Dies sind die Ergebnisse der Studie „Mitarbeiterbefragung – Die Trends 2008“, die gemeinsam von Hewitt Associates GmbH und der Kienbaum Management Consultants GmbH im zweiten Jahr in Folge durchgeführt wurde. An der Studie beteiligten sich mehr als 200 Personalleiter und Fachexperten namhafter Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Mitarbeiterbefragungen weiter auf dem Vormarsch
Mitarbeiterbefragungen gewinnen als strategisches Instrument verstärkt an Bedeutung. Sie werden nicht nur regelmäßiger und in kürzeren Abständen durchgeführt, sondern sind immer häufiger mit anderen strategischen Steuerungsinstrumenten wie beispielsweise dem Zielvereinbarungsprozess oder dem HR-Controlling verknüpft. Mehr als drei Viertel der Studienteilnehmer gaben an, dass die Unternehmensleitung der Auftraggeber einer Befragung ist. Im Vorjahr waren es nur 61 Prozent. „Gerade in internationalen Konzernen entscheidet oftmals die oberste Ebene, um einen konsistenten Ansatz über sämtliche Konzerneinheiten zu etablieren. Dies ermöglicht nicht nur die Vergleichbarkeit einzelner Bereiche und Standorte, sondern auch eine gezielte Steuerung des Gesamtunternehmens“, sagt Nelson Taapken von Hewitt Associates. Auch methodisch gewinnen die Befragungsansätze an Qualität. Während 2007 nur die Hälfte der Unternehmen in ihren Befragungen auch das tatsächliche Verhalten (Engagement) der Mitarbeiter analysierten, sind es heute bereits 71 Prozent. „Die reine Zufriedenheit der Mitarbeiter führt nicht zwangsläufig zu einem überdurchschnittlichen Einsatz am Arbeitsplatz. Befragungen sollten Zufriedenheit, Verbundenheit und Verhalten ganzheitlich betrachten. Nur so können die Rahmenbedingungen identifiziert werden, die die Mitarbeiter zu außerordentlicher Leistung motivieren“, sagt Mandy Rehmann von Kienbaum Management Consultants.
Potenzial von Mitarbeiterbefragungen noch nicht voll ausgeschöpft
Zu den Topthemen in den Befragungen zählen auch weiterhin Führungsfragen (96 Prozent) und daran anknüpfende Aspekte wie Anerkennung und Wertschätzung (90 Prozent), Informationsprozesse im Unternehmen (89 Prozent) sowie Zusammenarbeit und Arbeitsbeziehungen (86 Prozent). Der Anteil der Unternehmen, die ihre „klassische“ Mitarbeiterbefragung um weitere zielgruppenspezifische Befragungen ergänzt, ist dabei bisher noch recht gering. Nur 29 Prozent der Unternehmen laden Mitarbeiter, die das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen, zu so genannten Exit-Befragungen ein. Spezielle Befragungen für neu eingestellte Mitarbeiter (Onboarding-Befragungen) finden sich sogar nur in elf Prozent der Unternehmen. Viele Unternehmen lassen sich hierdurch jedoch wichtige Erkenntnisse entgehen: „Gerade die ganzheitliche Betrachtung entlang des gesamten Mitarbeiter-Lebenszyklus vom Eintritt der Mitarbeiter bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen liefert hochinteressante Ergebnisse darüber, wie sich die Wahrnehmung im Berufsleben verändert, welche Faktoren die Mitarbeiter anziehen, binden oder schließlich dazu führen, dass sie das Unternehmen verlassen. Sind diese Schlüsselfaktoren einmal
identifiziert, können sie als Indikatoren im Sinne eines Frühwarnsystems genutzt werden, um beispielsweise dem Verlust von Potenzial- und Leistungsträgern aktiv entgegenwirken zu können“, sagt Mandy Rehmann.
Größte Herausforderungen: Maßnahmenableitung und -umsetzung
Die Ableitung von Maßnahmen ist für alle Studienteilnehmer ein zentraler Bestandteil der Mitarbeiterbefragung. Gaben im Vorjahr noch 27 Prozent der Unternehmen an, dass die Maßnahmenableitung nicht oder nur freiwillig stattfindet, halbiert sich dieser Wert in diesem Jahr auf 14 Prozent. Kritisch wird jedoch oftmals die Nachvollziehbarkeit der Maßnahmenableitung bewertet. So geben nur 39 Prozent der Unternehmen an, dass ihre Mitarbeiter die aus der Befragung abgeleiteten Veränderungen klar erkennen können. Die Planung und Umsetzung der Maßnahmen wird folglich von den Unternehmen klar als größte Herausforderung identifiziert, bei der zugleich auch noch das höchste Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Ein entscheidender Erfolgsfaktor liegt laut Nelson Taapken hierbei in der aktiven Einbindung aller Mitarbeitergruppen in den Prozess: „Vom Top-Management zentral initiierte Maßnahmen sollten durch dezentrale Maßnahmen ergänzt werden, die Führungskräfte und Mitarbeiter gemeinsam definieren. Die Einbindung aller Hierarchiestufen kostet zwar Zeit, bringt jedoch auch viele Ideen hervor. Zudem erhöht sie die Treffsicherheit der Maßnahmen und führt durch die stärkere Verbindlichkeit in der Umsetzung zu einer langfristigen Verbesserung der Problemfelder“, so Nelson Taapken.