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1. Dezember 2008

Mit effektivem Risiko-Management durch die Krise

Multinational agierende Unternehmen betrachten ihre Pensionsverpflichtungen und die zu deren Deckung reservierten Vermögenswerte zunehmend als Einheit. Die integrierte Sicht kommt in einem gemeinsamen Blick auf Pensionsvermögen und -verpflichtungen bei der Definition der Anlagestrategie und auch im Risiko-Management zum Ausdruck. Zudem belegt die gezielte Diversifizierung in der Anlage von Pensionsvermögen den gestiegenen Grad der Professionalität  in der Anlagepolitik. Die Anlagestrategien sind eher konservativ: In Aktien wird zu weniger als einem Viertel investiert. Auf alternative Anlageformen wie Hedgefonds oder Private Equity wird gezielt als Möglichkeit zur Steigerung der Rendite zurückgegriffen. Parallel haben mehr als drei Viertel der Unternehmen Maßnahmen zur aktiven Begrenzung von Verlustrisiken ergriffen. Sie stellen sich flexibel auf die Kapitalmarktkrise ein. Im Zuge einer übergreifenden globalen Steuerung betrieblicher Versorgungswerke
werden zudem Kapitalanlage-Entscheidungen verstärkt in Unternehmenszentralen getroffen. Auch wird das Top-Management, vor allem der Finanzvorstand, intensiv in wichtige Anlage-Entscheidungen eingebunden.

Zu diesem Fazit kommt die Studie "Pension Risk-Management und Anlage von
Pensionsvermögen in multinationalen Konzernen" der Unternehmensberatung
Rauser Towers Perrin. Die Analyse stützt sich auf eine Befragung von
Verantwortlichen für die Anlage von Pensionsvermögen in großen international
agierenden Unternehmen in Deutschland.

"Das finanzielle Fundament betrieblicher Versorgungswerke von Unternehmen in Deutschland hat sich in der Kapitalmarktkrise als robust erwiesen. Unsere Analyse zeigt, warum: Die Konzerne verfügen in der Regel über ein professionelles Asset Liability Management, indem Verpflichtungen und Vermögen integriert gemanagt werden. Daneben gewährleistet die konservative Ausrichtung der Kapitalanlage, die breite Anlagestreuung sowie ein effektives Risiko-Management ein relativ hohes Maß an Sicherheit, ohne dass der für Rendite-Optimierungen notwendige Spielraum vernachlässigt wird", erläutert Dr. Thomas Jasper, Principal bei Rauser Towers Perrin in München. Der Experte für das Finanzmanagement in der betrieblichen Altersversorgung ist überzeugt, dass sich die Versorgungswerke im gegenwärtigen Stresstest weiter behaupten werden.

Struktur der Pensionsverpflichtungen

Frühere Rauser Towers Perrin-Studien belegen, dass sich bei in Deutschland tätigen Unternehmen die beitragsorientierte Zusage weitgehend durchgesetzt hat. Ende 2007 lag der Verbreitungsgrad entsprechender Zusagen bei über 60%.
Die aktuelle Analyse zeigt nun, dass beitragsorientierte Zusagen, bei denen die Arbeitgeber eine feste Verzinsung des Beitrags zusagen, stark verbreitet sind. Allerdings wird die Leistung im Versorgungsfall schon bei 21% der Pläne durch die Performance der Kapitalanlage bestimmt, was das Kapitalanlagerisiko der Unternehmen verringert. Außerdem ermöglichen fast zwei Drittel der Pläne der Studienteilnehmer (64%) grundsätzlich Raten- oder Einmalzahlungen. Damit geht auch das von der Firma getragene Langlebigkeitsrisiko deutlich zurück.

Unternehmenszentrale mit starker Bedeutung - Top-Management eingebunden

Die aktuelle Studie belegt im Weiteren, dass das Management von Pensionsverpflichtungen und -vermögen für die Unternehmen zu einem immer wichtigeren Thema avanciert ist, das auch im Top-Management adressiert wird. So ist bei mehr als drei Viertel der Studienteilnehmer zusätzlich zu Fachabteilung und Investment Committee auch der Vorstand, in der Regel der Finanzvorstand, in die Entscheidung zur Kapitalanlage intensiv eingebunden. Die Studie bestätigt darüber hinaus den in der Beratungspraxis zu beobachtenden stärkeren Einfluss der Unternehmenszentrale auf Entscheidungen in der Kapitalanlage. So steuert der überwiegende Teil der Unternehmen seine internationalen Pensionsvermögen und -verpflichtungen unter Einbeziehung der Konzernzentrale. Nur ein Drittel der Studienteilnehmer räumt lokalen Unternehmenseinheiten Freiheiten bei grundsätzlichen Entscheidungen zur strategischen Asset Allokation ein. Allerdings spielen lokale Einheiten aufgrund länderspezifischer rechtlicher, steuerlicher und regulatorischer Besonderheiten auch weiterhin eine zentrale Rolle bei der Entscheidungsfindung.

Defensive Anlagestruktur: Fokus auf Anleihen, sinkende Aktienquote

Im internationalen Vergleich verfolgen Unternehmen in Deutschland zum Großteil eine defensive Anlagestrategie. So werden knapp zwei Drittel des Anlagevolumens der Studienteilnehmer (65%) in Anleihen investiert, 5% in Immobilien (einschließlich selbst genutzter Objekte) und 4% in sonstige alternative Anlageformen. Die Aktienquote der befragten Konzerne liegt bei 22% - ein Wert, der auf eine Reduzierung im ersten Halbjahr hindeutet. "Offensichtlich haben sich die Unternehmen in der ersten Jahreshälfte mit ihrem Portfolio flexibel auf den Abschwung an den Kapitalmärkten eingestellt", interpretiert Rauser Towers Perrin-Experte und Studienautor Benedikt Kutschera diese Entwicklung. Er verweist auf die Aktienquote vergleichbarer Unternehmen in Großbritannien und den USA, die oftmals 60% und mehr beträgt und damit deutlich über dem bei deutschen Unternehmen unzutreffenden Vergleichswert liegt. Bei dem von den Studienteilnehmern in Aktien investierten Pensionsvermögen liegt der regionale Fokus auf europäischen Werten (57%). In US-Werte wird zu gut einem Viertel, in asiatische Produkte zu 12% investiert. Fast alle Unternehmen setzen auf Aktien großer Unternehmen, jeweils etwa drei Viertel der Studienteilnehmer investieren auch in kleine und mittelgroße Aktienwerte einerseits und in Emerging Markets andererseits. Bei Anleihen ist der Investitionsschwerpunkt Europa mit 83% des Anlagevolumens noch stärker ausgeprägt. Hintergrund: Euro-Anleihen stellen eine natürliche Absicherung gegen die mit Pensionsverpflichtungen verbundenen Zinsänderungsrisiken dar. Die überwiegende Mehrheit der Studienteilnehmer setzt auf Unternehmens- und Staatsanleihen sowie Pfandbriefe. 43% der Unternehmen investieren in Hochzinsanleihen, 13% nutzen bereits inflationsgekoppelte Anleihen.
Von den 41% der Studienteilnehmer, die in alternative Anlageklassen (ohne Immobilien) investieren, setzen fast alle auf Hedgefonds, jeweils 42% berücksichtigen auch Rohstoffe und Private Equity. Weitere 45% aller Studienteilnehmer,wollen sich in den nächsten Jahren in dieser Anlagekategorie engagieren. "Vor dem Hintergrund unserer aktuellen Beratungspraxis gehen wir jedoch davon aus, dass sich angesichts der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Umsetzung dieser Pläne verzögern wird", erklärt Rauser Towers Perrin-Berater Kutschera.

Simultane Optimierung von Verpflichtungen und Vermögen

Bei der deutlichen Mehrzahl der Studienteilnehmer (70%) wird die strategische Asset Allokation wesentlich durch die Struktur der Pensionsverpflichtungen sowie das Rendite-Risiko-Profil des Portfolios bestimmt. Die Unternehmen favorisieren somit eine simultane Optimierung von Verpflichtungen und Vermögen im Management ihrer betrieblichen Altersversorgungswerke.

Zur Festlegung der strategischen Kapitalanlage führen nahezu alle Unternehmen (92%) Asset Liability Studien durch, wobei diese Überprüfungen der strategischen Asset Allokation durchschnittlich rund alle 2 Jahre vorgenommen wird. Etwa ein Fünftel (21%) überprüft unterjährig, 67% im Dreijahresrhythmus.

Risiko-Systeme und -Kennzahlen etabliert

Die Analyse belegt darüber hinaus, dass die konzeptionellen Grundlagen für
ein dediziertes Risiko-Management in der Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorgung größtenteils bereits gelegt wurden: 57% der Studienteilnehmer verfügen über spezielle Investment-Policy-Statements, die die strategischen und taktischen Anlagerichtlinien sowie Governance-Prozesse
beschreiben. Weitere 13% der Unternehmen planen deren Einführung in den kommenden Jahren. Risiko-Management-Handbücher existieren bei 39% der Unternehmen, ein weiteres Drittel plant deren mittelfristige Implementierung.

Zentrale Kennziffer im Rahmen des Versorgungswerk-spezifischen Risiko-Managements ist der Grad der Ausfinanzierung der Pensionsverpflichtungen. Dieser wird mittlerweile von 46% der Unternehmen monatlich überprüft. 43% der Studienteilnehmer setzen im Rahmen ihres Risiko-Managements sowohl auf Stresstests als auch auf Value-at-Risk-Analysen, um so zukunftsgerichtete Kennzahlen wie beispielsweise den Ausfinanzierungsgrad zum nächsten Bilanzstichtag im Blick zu haben. Bedingt durch die Diskussion um die Verschärfung aufsichtsrechtlicher Vorschriften (Solvency II) gehen die Studienautoren davon aus, dass solche Kennzahlen weiter an Bedeutung gewinnen.

Nahezu alle Unternehmen verfügen über spezielle Systeme zur Begrenzung von Verlustrisiken. Die Mehrzahl favorisiert interne Limit-Systeme mit diskretionärem Entscheidungsspielraum. Regelgebundene Limit-Systeme finden sich bei 17% der Studienteilnehmer. Ein Drittel der Studienteilnehmer nutzt zur Immunisierung gegen Zins- und Inflationsrisiken auf Liability Driven Investment (LDI)-Strategien, weitere 29% wollen dies in den kommenden fünf Jahren tun. Lediglich 4% halten LDI-Strategien für nicht relevant.

Trotz Krise: Grad der Kapitaldeckung soll weiter zunehmen

Der durchschnittliche Grad der externen, kapitalgedeckten Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen liegt bei DAX-Unternehmen zum Bilanzstichtag 2007 bei knapp 71%, im MDAX bei rund 57%. Bedingt durch die Kapitalmarktkrise ist dieser Wert bei einer rein mechanischen Hochrechnung - unter der Annahme, dass die Unternehmen keine Änderungen im Rahmen ihres Pension Risk Management vorgenommen haben - auf aktuell 62% (DAX) bzw. 47% (MDAX) gesunken. Allerdings zeigt die aktuelle Studie, dass die Unternehmen im Risiko-Management gut aufgestellt sind, so dass der Ausfinanzierungsgrad in der Praxis deutlich weniger stark gesunken sein dürfte.

Dennoch, und das ist ein bemerkenswertes Ergebnis der Analyse, prognostizieren die an der Studie beteiligten Konzerne einen Anstieg des Grads der externen Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen auf 92% in der kommenden Dekade. Selbst Unternehmen, die sich derzeit in der Aufbauphase ihres Pensionsvermögens befinden, wollen in den kommenden fünf bzw. zehn Jahren einen Ausfinanzierungsgrad von 56% bzw. 73% erreichen. "Die Unternehmen haben erkannt, dass ein effektives Pension Risk Management Pensionsvermögen voraussetzt. Vor diesem Hintergrund mag die aktuelle Entwicklung die Spielräume zur externen Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen einschränken und kurz- und mittelfristige Prioritäten in der Liquiditätsverwendung verschieben. An der grundsätzlichen Zielsetzung wird sich aber nach unserer Überzeugung wenig ändern", erklärt Towers Perrin-Principal Dr. Thomas Jasper.

Hintergrundinformationen zur Studie und Bezug

Die Daten für die Rauser Towers Perrin-Studie "Pension Risk-Management und Anlage von Pensionsvermögen in multinationalen Konzernen" wurden im August/September 2008 erhoben. Die Analyse umfasst die Antworten von 24 Konzernen, darunter 16 DAX- und MDAX-Unternehmen, zu detaillierten Fragen
ihres Risiko- und Anlagen-Managements im Rahmen ihrer betrieblichen Altersversorgungswerke. Schwerpunkt der Analyse sind die Struktur der Pensionsverpflichtungen, die interne Organisation und Governance-Prozesse, die Kapitalanlage, strategische Asset Allokation sowie Risiko-Management-Kenngrößen.

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