7. September 2007
„Der konjunkturelle Aufschwung der deutschen Wirtschaft setzt sich weiter fort“, verkündete die Bundesagentur für Arbeit auch für den Berichtsmonat Juli 2007. Dank des anhaltenden Wirtschaftsbooms nehmen sowohl die Erwerbstätigen, als auch die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gemäß den jüngsten Daten saisonbereinigt weiter zu. Dies schlägt sich natürlich auch in den Stellenanzeigen diverser Tages- und Fachzeitschriften nieder. Adecco, der nach eigenen Aussagen „größte Personaldienstleister der Welt“, analysiert regelmäßig die Inhalte dieser Jobofferten und ermittelt so seit 1995 einen für das gesamte Bundesgebiet repräsentativen Stellenindex.
Der Aufwärtstrend ist klar erkennbar. Verglichen mit dem ersten Quartal des vergangenen Jahres stieg die Zahl der Jobangebote in den untersuchten 40 Tageszeitungen um 24 Prozent – Tendenz steigend! Den verheißungsvollen Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten steht jedoch ein stetig wachsendes Defizit an qualifiziertem Personal gegenüber. Insbesondere auf dem Markt der High Potentials wird es zunehmend enger.
Der Global War for Talents spitzt sich weiter zu
Der 1998 erstmals von McKinsey geprägte “War for Talents” wird sich in den kommenden Jahren dramatisch verschärfen. Vor allem aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland wird es in Zukunft vielen Unternehmen an ambitionierten Nachwuchskräften mangeln. Laut dem statistischen Bundesamt wird sich neben der sinkenden Zahl der Gesamtbevölkerung auch die Altersstruktur vor allem im Zeitraum zwischen 2010 bis 2030 grundlegend verschieben. Im Jahre 2020 wird jeder dritte Erwerbstätige älter als 50 Jahre sein.
Insbesondere die enorme Nachfrage nach qualifiziertem Personal im Dialogmarketing ist nach wie vor ungebrochen. Manfred Stockmann, Präsident des Call Center Forum Deutschland, betont, dass allein in den letzten 30 Monaten 35.000 neue Arbeitsplätze für 65.000 Beschäftigte geschaffen wurden und in den kommenden drei bis fünf Jahren sollen weitere 100.000 entstehen. Die Call Center-Branche boomt, nicht zuletzt wegen der wachsenden Serviceorientierung der Unternehmen, doch auch hier findet man geeignete Agents nur schwer. Oftmals reduzieren die Bewerber diese Tätigkeit auf den letzten Ausweg vor der Langzeitarbeitslosigkeit, den man erst einschlägt, wenn alle anderen Bemühungen vergebens waren. Häufig kommen auf diesem Wege Menschen mit unzureichenden Deutschkenntnissen und mangelnder Affinität zum Medium Telefon ins Call Center. Man kämpft hierzulande eben noch immer gegen das negative Image dieses Berufsfeldes. Eine Anstellung im Call Center stand lange Zeit für eintönige, anstrengende und ungünstige Arbeitszeiten zu niedrigsten Löhnen. Um dem weiter entgegen zu wirken will man nun auch gezielt den Nachwuchs im Bereich der Telekommunikation fördern. Zu Kaufleuten oder Servicekräften für Dialogmarketing können sich Interessierte nun schon seit August letzten Jahres ausbilden lassen.
Azubimangel im Dialogmarketing
Die führenden Call Center –Dienstleister und –Anwender Deutschlands organisieren sich im Council TeleMedien und CallCenter Services, um gemeinsam für Ihre wirtschaftlichen Interessen einzutreten. Eine Umfrage unter deren Mitgliedern kurz vor dem Start der neuen Ausbildungsberufe ergab laut dem Deutschen Direktmarketing Verbande (DDV), dass zwar 60 Prozent der befragten Unternehmen ausbilden wollen, jedoch 30 Prozent von Ihnen keinen passenden Lehrling fanden.
Eine zentrale Herausforderung bleibt dem gemäß ein adäquates Personalmarketing. E-Recruiting ist das Schlagwort, das dabei eine zentrale Rolle spielt. Die Ergebnisse der Studie „Recruiting Trends 2007“, die vom Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universität Frankfurt am Main und der Universität Bamberg zusammen mit dem Internet-Karriereportal Monster Worldwide durchgeführt wurde, beweisen es. Mit 56,8 Prozent ziehen mehr als die Hälfte der Großunternehmen die elektronische Bewerbung auf der eigenen Website oder Internet-Stellenbörsen der klassischen Bewerbungsmappe vor. So ist es wohl nicht verwunderlich, dass laut Studie zwei von drei Einstellungen in Großunternehmen aus Online-Anzeigen resultieren.
Gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung birgt das Internet im Bereich des Bewerbermanagement ein enormes Potential, das es in den kommenden Jahren weiter auszuschöpfen gilt. So werden sich die jetzt eher noch zurückhaltenden KMU wohl in Zukunft auch auf diesen Recruiting-Kanal einlassen müssen, wenn sie dem Kampf um die besten Mitarbeiter standhalten wollen.
Jobsuche in der Realen Virtualität
Es gilt, den talentierten Nachwuchs so früh wie möglich an das Unternehmen zu binden. Daraus leiten sich die Anforderungen an eine erfolgreiche Positionierung auf dem Ausbildungsmarkt dieser Generation ab. Um die Jugendlichen nachhaltig anzusprechen, sind schon heute virtuelle Rundgänge durch das Unternehmen, Ausbildungsblogs, interaktive Testcenter, Bilder- und Videoplattformen essentielle Informationsträger, um den Nutzen der Unternehmensphilosophie glaubhaft zu transportieren. Innovative Ideen im Bereich der zielgruppenspezifischen und individuellen Kandidatenansprache werden somit den Recruiter von morgen definieren.
Sich von der Masse abheben ist auch im Personalmarketing ein ernst zu nehmender Erfolgsfaktor und so haben die ersten Unternehmen den virtuellen Planeten „Second Life“ auch bezüglich der Mitarbeitergewinnung für sich entdeckt. Die wirkliche Welt in einer künstlichen Umgebung selbst zu gestalten, fasziniert derzeit schon über 4,5 Millionen Avatare. Diese digitalen Figuren werden durch zahlreiche Einstellungsoptionen quasi zum Zweiten Ich der Nutzer und bereisen so stellvertretend die verschieden Inseln dieser realitätsnahen Simulation. Sie können miteinander kommunizieren, Land kaufen, ja sogar eigene Unternehmen aufbauen. Die Möglichkeiten in „Second Life“ sind nahezu grenzenlos. Mit Ausbildungsplakaten wird deswegen nun auch in dieser Welt um die knappe Ressource Mensch geworben. Die Zeitarbeitsfirma Randstad übernimmt die Arbeitsvermittlung in der 3D-Welt, wie das Unternehmen in Eschborn mitteilte. In den Niederlanden bietet der Personaldienstleister jedoch auch schon reale Stellen in „Second Life“ an. So erreiche man Menschen, die im realen Leben auf Jobsuche seien, sich aber lieber interaktiv über das Thema Zeitarbeit informieren möchten, erklärte Christine Uphoff, Marketing-Chefin bei Randstad Deutschland.
Im Employer Branding liegt die große Chance
Die erfolgreiche Positionierung der Unternehmen in den Köpfen der qualifizierten Fach- bzw. Nachwuchskräfte trägt wohl zweifellos einen erheblichen Anteil am Erfolg des operativen Geschäfts. „Gerade die Zielgruppe der High Potentials legt neben einem guten Arbeitsklima sehr großen Wert auf Förderung und Bildungsmöglichkeiten, um sich kontinuierlich weiter zu entwickeln und sich so optimal in den Unternehmensprozess implementieren zu können“, weiß Torsten W. Roth, Gründer und Geschäftsführer des Full-Service-Schulungsanbieters SPM-2000, zu berichten. Im Hinblick auf die Verschiebung der Altersstruktur sollten sich Unternehmen auf die Frage konzentrieren, wie sie ihre älteren Mitarbeiter weiterqualifizieren und motivieren können, um sie so an den vorhandenen Arbeitsplatz zu binden. „Schon jetzt beobachten wir einen deutlichen Anstieg von Seminaranfragen im Bereich Motivation und Fitness“, betont der Experte auf dem Aus- und Weiterbildungsmarkt, Torsten W. Roth.
Produktivität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter langfristig zu sichern, ist in vielen Unternehmenskulturen mittlerweile fest verankert. Vor allem im Rahmen von Personen-zertifizierungen können sich ambitionierte Mitarbeiter beweisen. Eine zertifizierte Ausbildung, beispielsweise zum Trainer oder Team Manager, bürgt für hohe Qualitätsansprüche, von denen neben den Mitarbeitern selbst, natürlich vor allem die Unternehmen profitieren. „Nur ein Firmenprofil, mit einem in sich gewachsenen, krisensicheren und loyalen Team wird auch in den kommenden Jahren führend auf dem Markt der Humanressourcen sein. Diesem erklärten Ziel unterliegen natürlich auch unsere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bei SPM-2000.“
Schlechtes Personalmarketing rächt sich in Zeiten, in denen die Arbeitgeber vor den Toren der qualifizierten Mitarbeiter Schlange stehen. Jede Branche ist deswegen gut beraten, wenn sie den Human Resources eine Schlüsselrolle im Unternehmen zugestehen und sich dem entsprechend im Arbeitsmarkt positionieren, denn mit der Qualität des Personals steht und fällt auch in Zukunft der Unternehmenserfolg.